Das Läuten der Glocken
Liebe Gemeinde,
zu meinen ersten Erfahrungen, die ich in Zorneding machen durfte, gehört das Läuten der Glocken morgens um 7 Uhr. Schon lange hatte ich nicht mehr in so unmittelbarer Nähe der Kirchenglocken gewohnt und so erschrak ich in den ersten Tagen, als sich dann um 12 Uhr die Glocken wieder mit gewaltiger Lautstärke zu Wort meldeten, dann um 18 Uhr ein drittes Mal.
Inzwischen ist mir dieses Läuten wieder vertraut geworden. Die Glocken gliedern den Tag und sind eine Orientierungshilfe. Eine Wanduhr brauche ich kaum noch. Die Glocken gehören zum Leben – so sehr, dass man erst merkt, dass etwas nicht stimmt, wenn sie nicht mehr zu hören sind. So wie an Weihnachten. Schon in der Adventszeit hatten sich die ersten beiden Glocken verabschiedet. Auf die Schnelle war eine Reparatur nicht möglich. Zum Glück, so dachte ich, haben wir ja drei davon. Ausgerechnet am Heiligen Abend stellte aber auch die dritte Glocke ihren Dienst ein. Sie ließ sich durch nichts bewegen, ihre Meinung zu ändern und blieb über die Feiertage stumm.
Dankbarkeit erfüllte uns, als zu Beginn unserer Christvesper unter freiem Himmel plötzlich die Glocken von Sankt Martin zu hören waren. Ein wahrhaft schönes ökumenisches Zeichen, das uns daran erinnert hat, dass schon damals, bei der Einweihung unserer Glocken, die Glockentürme beider Kirchen ins Gespräch gekommen waren.
In diesem Jahr feiern unsere Glocken ihren 30. Geburtstag. Seit 30 Jahren geben sie dem Tag den Rhythmus, laden zum Gottesdienst ein, verkünden den Menschen in Zorneding, wenn in der Kirche ein Kind getauft, Jugendliche konfirmiert, zwei Menschen sich das Eheversprechen geben oder wenn ein Abschied geleistet werden muss. Seit 30 Jahren künden die Glocken davon, dass unser Leben von Gott begleitet ist und wir in seinem Namen füreinander da sein dürfen.
Wie immer wir diesen Geburtstag in einer Zeit feiern können, die durch die Pandemie und Sorge geprägt ist, gilt doch, dass wir bei jedem Läuten auf diesen Urgrund des Lebens verwiesen werden.
Und auch das ist Grund genug zur Freude!
Ihre Pfarrerin